INFOBLATT: Antragsformulare für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 41 SGB XII
Hintergrund
In der Beratungspraxis ist aufgefallen, dass in den Antragsformularen für Anträge auf Leistungen der Grundsicherung und bei dauerhafter Erwerbsminderung nach § 41 SGB XII unter der Rubrik „Unterhalt“ Fragen aufgelistet sind, die unter Umständen missverständlich sind und bei den antragstellenden Personen zu Verunsicherung führen können. Zudem widersprechen Fragen in einigen Antragsformularen dem Gesetzestext oder gehen über diesen hinaus. In diesem Papier finden Sie daher Hinweise und Erläuterungen zu den Fragen in der Rubrik „Unterhalt“ in Antragsformularen.
Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung
Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist eine Sozialhilfeleistung. Sie soll sicherstellen, dass ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen, die für ihren Lebensunterhalt aus Einkommen und Vermögen nicht selbst aufkommen können, finanzielle Unterstützung erhalten.
Dafür müssen bestimmte persönliche Voraussetzungen erfüllt sein:
Sie haben bereits die Regelaltersgrenze erreicht und erhalten sehr wenig oder gar keine Rente
Sie haben Regelaltersrente für die Altersrente noch nicht erreicht, sind aber mindestens 18 Jahre alt und können dauerhaft nur weniger als drei Stunden pro Tag unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten. Oder Sie befinden sich im Eingangsverfahren, Berufsbildungsbereich oder Arbeitsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) oder bei einem anderen Leistungsanbieter. Auch wenn Sie in einem Ausbildungsverhältnis stehen und das Budget für Ausbildung in Anspruch nehmen, haben Sie einen Anspruch.
Außerdem wird geprüft, ob Ihre Eltern (bei Grundsicherung wegen einer dauerhaften Erwerbsminderung) oder Ihre Kinder (bei der Grundsicherung wegen des Alters oder Erwerbsminderung) einen Kostenbeitrag zu zahlen haben.
Hinweise und Erläuterungen zur Rubrik „Unterhalt“
In den Antragsformularen gibt es deshalb eine Rubrik „Unterhalt“. Dort finden Sie Fragen, mit denen der Sozialhilfeträger erfahren will, welches Jahresbruttoeinkommen Ihre Eltern oder Kinder haben. Grundsätzlich müssen Eltern oder Kinder der antragstellenden Person nichts für die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bezahlen.
Es gibt allerdings die Ausnahme, dass Eltern oder Kinder, die jeweils ein Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 EUR haben, sich an den Kosten der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beteiligen müssen. Demnach gilt:
Eltern/Elternteile oder Kinder haben ein Jahresbruttoeinkommen von bis zu 100.000 EUR
=> kein Kostenbeitrag zu zahlen
Eltern/Elternteile oder Kinder haben jeweils ein Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 EUR
=> Kostenbeitrag zu zahlen
Beachte:
Für die Prüfung des Jahresbruttoeinkommens wird jeder Elternteil und jedes Kind gesondert betrachtet. Ein Elternteil oder ein Kind muss jeweils allein ein Jahresbruttoeinkommen über 100.000 EUR haben, damit eine Heranziehung zu den Kosten erfolgen kann. Es ist daher nicht zulässig, das Jahresbruttoeinkommen beider Elternteile oder mehrerer Kinder zusammenzurechnen.
Eltern der antragstellenden Person mit jeweils einem Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 EUR werden nur im Rahmen eines gedeckelten Kostenbeitrages herangezogen. Der Kostenbeitrag liegt derzeit bei 33,12 EUR / Monat (Stand: 2025).
Für volljährige Kinder der antragstellenden Person gilt der gedeckelte Kostenbeitrag bei einem Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 EUR nicht. Eine Heranziehung zu den Kosten für die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erfolgt nach den Regelungen des Unterhaltsrechts.
Der Gesetzgeber geht zunächst davon aus, dass Eltern / Elternteile oder Kinder kein Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 EUR haben. Wenn es allerdings „Anhaltspunkte“ gibt, dass ein höheres Einkommen erzielt wird, kann der Sozialhilfeträger eine Einkommensprüfung vornehmen. Um das herauszufinden, wird in den Antragsformularen z.B. nach dem Beruf bzw. der Berufstätigkeit von Eltern/Elternteilen und Kindern gefragt. Wenn dort z.B. bei der Mutter „Chefärztin“ oder bei der Tochter „Rechtsanwältin“ angegeben wird, könnte das darauf hindeuten, dass ein Jahresbruttoeinkommen von über 100.000 EUR vorliegt. Diese Frage wird von den KSL.NRW als zulässig angesehen. In manchen Antragsformularen wird aber z.B. auch gefragt: „Glauben Sie, dass Ihre Eltern/Elternteile oder Ihre Kinder mehr als 100.000 EUR im Jahr verdienen?“ Diese oder ähnliche Fragen gehen nach Ansicht der KSL.NRW über den Gesetzestext hinaus. Die Antwort auf die Frage nach dem Beruf bzw. der Berufstätigkeit muss dem Sozialhilfeträger ausreichend Hinweise auf ein mögliches Jahresbruttoeinkommen geben.
Wichtig:
Auch wenn Ihre Eltern oder Ihre Kinder jeweils mehr als 100.000 EUR im Jahr verdienen, darf Ihr Antrag auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nicht abgelehnt werden. Sie erhalten trotzdem Ihre Grundsicherungsleistungen.
PRAXISTIPP:
Beantworten Sie nur die Fragen nach dem Beruf Ihrer Eltern oder Kinder.
Weisen Sie den Sozialhilfeträger gegebenenfalls daraufhin, dass die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR von mindestens einem Elternteil oder einem Kind überschritten sein muss, damit eine Kostenbeteiligung eingefordert werden kann.
Stellen Sie einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, auch wenn Sie wissen oder vermuten, dass Ihre Eltern oder ein Elternteil oder eines Ihrer Kinder mehr als 100.000 EUR im Jahr verdienen.
Ulrike Häcker, KSL Detmold, u.haecker@ksl-owl.de